Früher war besser

Früher war einiges besser. Auch beim Tennis. Bekleidungsmäßig, meine ich. Hose, Hemd, Pullunder, Socken; alles weiß. Dazu ein Trainingsanzug in dezenter Farbe. Für mich als Mann einkaufsmäßig ein paradisischer Zustand, weil man nicht soviel denken musste. Außer über die Vielfalt von weiß: Reinweiß, Alabasterweiß, Rauchweiß, Elfenbein, Muschelweiß bis hin zum Najavoweiß konnte einen Mann schon vor Probleme stellen. Aber das war nichts gegen heute!

Schon bei den kurzen Hosen geht doch das Theater los. Practice, Gladiator oder Woven Short? Court, Court Trend Bermuda oder gar Game Short? Und wenn etwas Besonderes: Clima, Clima Chill oder Clima essential? Oder doch 2 in 1 Short? Ganz zu schweigen von Freestyle, Fly, Tech Fit, Micro, Multi Cat, Rino, Ravi, Compression, Takumi, Boxer, Performance  oder gar Performance Knitted?

Und da habe ich über Oberteile wie Hoody, Muscle, Polo als premier, court oder traditional, Shortsleeve, Crew oder Swoosh noch gar nicht nachgedacht. Und was wähle ich als Tee? Gym, V-Neck, Adizero, Barricade oder ein einfaches Tennis Tee?

Trainingsanzüge brauche ich nicht. Ich besitze bereits ein Warm Up, ein Woven Jacket und verschiedene Court Jackets ohne Zip, mit medium Zip und sogar mit full Zip. Im Grunde also mit allem Zipp und Zapp.

Farblich tendiere ich zu Rot. Symbolisiert Kraft und Stärke. Hebt sich aber nur schlecht von der roten Asche ab. In Rot wirke ich häufig unbeweglich. Grün als Komplementärfarbe macht beweglich. Optisch. Macht aber auch einen blassen Teint. Zuschauer haben mich schon vom Platz geholt, weil sie dachten, ich breche jeden Augenblick zusammen.

Isabellfarben habe ich immer gerne getragen. Nach der spanischen Königin Isabella benannt. Die hatte gelobt, ihr ursprünglich weißes Hemd so lange zu tragen, bis ihr Mann Granada erobert hat. Hat drei Jahre gedauert, diese Eroberung. Das ist als Tragezeit für ein TShirt selbst für einen Mann sehr lange. Chamois würde ich gerne ausprobieren. Sieht aus wie helles Sämischleder. Leider weiß ich nicht, wie helles Sämischleder aussieht. So wird mir chamois wohl ewig verwehrt bleiben.

Und mit nur einer Farbe für das gesamte Outfit ist es ja nicht getan. Oberteil und Unterteil verlangen ja nach Farben, die zusammen passen. In Farbzusammenstellungen habe ich Defizite. Da auch, sagt meine Frau. Wenn ich allein einkaufen gehe, sehe ich aus wie ein Pfau in der Balz oder ein Buntpapagei. Und dann behauptet die Verkäuferin auch noch, wie gut das alles zusammenpasst und wie toll man aussieht. Aber erst, nachdem sie alle Spiegel verhängt hat.

Farbenmäßig bin ich ein Mischtyp. Sagt mein Farbberater.  Meine porzellanartige Haut (Wintertyp) mit der zarten Champagnertönung (Herbsttyp) und das feine, leider nur noch als Flaum sichtbares Haar (Frühlingstyp)  ohne goldene Reflexe (Sommertyp) machen gelungene Farbkompositionen für mich so schwierig. Daher habe ich beim Einkauf immer eine Farbschablone dabei, um die schlimmsten Fehler zu vermeiden wie taupe mit semmelbraun mischen oder ein Hemd in dusty cactus zu einer Hose in Goldrute tragen. Wer kommt auf Goldrute als Farbe für den Short eines Mannes?

Grautöne lehne ich generell ab. Sie machen alt, auch wenn sie so tolle Bezeichnungen tragen wie dark magnet grey oder medium ash. Die Farbskala kennt 113 Grautöne und ehrlich: alle machen alt. Blauschimmel oder Braunschimmel lasse ich mir bei Käse und Pferd gefallen, aber den Satz: “Er trat in einem braunschimmeligen Outfit an“, möchte man doch nicht über sich lesen, oder?

Und welche Farben sich hinter obsidian, tan, thistle, burlywood, bleached turquise,  gainsboro, Salsa oder greige verbergen, liegt für mich völlig im Dunkeln.

Ich will diesen Einkaufsstress nicht mehr. Deshalb habe ich mich für die Variante Isabella entschieden. Einmal kaufen, drei Jahre tragen.

Machen bei uns im Club mehrere. Kann man auch erkennen. Schmutziggrau auf eben noch erkennbarem weißen Untergrund. Aber das tragen niemals Frauen. Nur Männer. Und alle Single, wie ich inzwischen herausgefunden habe. Ob sie die Sachen tragen, weil sie Single sind oder Single sind, weil sie die Sachen tragen, weiß ich nicht. Meine Frau wird mir das schon erklären.

Und wenn Sie mich in der nächsten Saison in Schmutziggrau auf eben noch erkennbarem weißen Untergrund sehen, wissen Sie automatisch meinen Familienstand.  

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