Warum spiele ich Tennis? Weil es ein so einfaches Spiel ist. Wie für mich gemacht. Schläger, Schuhe, Kleidung und schon kannst du auf den Platz und spielen.
Ein wenig komplizierter ist es bei meinen Sportkameraden vom Wasser. Da muss man mehr Entscheidungen treffen. Kanu, Kajak, Kanadier oder Rudern? Und wenn Rudern: Skull oder Riemen? Und dann: Einer, Zweier, Vierer, Achter? Schon eine ganze Ecke komplizierter.
Haben Sie es mal mit einer ganz anderen Sportart versucht?
– wo Albatros und Eagle keine Vögel sind, Bogey nicht aus Casablanca kommt und Tee nicht trinkbar ist
– das erste Lehrbuch 1545 in Latein verfasst wurde und das heutige Regelwerk 275 Seiten umfasst
– der Ball nicht gestoßen, gekratzt oder gelöffelt, aber angesprochen werden darf
– wo „der nächstgelegene Punkt der Erleichterung“ ausführlich im Regelwerk beschrieben ist
– und eine Vertiefung im Ball Dimple heißt? Wie eine sehr teure Scotch-Marke.
Sie wissen es längst. Ich schreibe über Golf.
Ein Ruderer hat ein Arbeitsgerät, der Tennisspieler deren zwei bis drei. Ein Golfer nennt bis zu vierzehn Schläger sein Eigen. Alle verschieden. Holz, Eisen, Hybrid, Putter und Keile. Richtig gelesen. Keile. Ist deutsch. Da Golfer aber gerne Englisch parlieren, heißen die Keile Pitching Wedge , Gap Wedge, Sand Wedge und Lob Wedge. Für mich bleiben sie aber einfache Keile.
Der Ruderer bringt sein Arbeitsgerät in aller Regel allein zu Wasser. Ich trage meine Tennisschläger auch selbst. Ein Golfer trägt nicht selber. Er lässt tragen. Von einem Caddy. Abkürzung für Cadillac. Teuerstes Auto von GM. Wie ein Golftaschenträger nach einer Pleite von GM heißen wird, ist noch unklar. Vorschläge sind erwünscht.
Ein Tennisspieler geht auf den Platz und spielt oder macht das, was er für Tennis hält. Ein Ruderer setzt sich ins Boot und pullt (für Nichteingeweihte: pullen und pullern ist nicht dasselbe) Ein Golfer geht nicht so einfach hin und prügelt auf den Ball ein. Der macht vorher Trockenübungen. Manche. Die Guten. Bei den Anderen sieht es nur nach Trockenübung aus. In Wirklichkeit versuchen die, den Ball zu treffen. Ein Golfer darf auch nicht so einfach auf den Golfplatz. Er benötigt dazu die Platzreife, die sogenannte Golf-Matura. Und wenn er diese dann endlich erworben hat, geht er nicht nur über den Golfplatz spazieren. Er schreitet den Platz ab.
Beginnend in der Tee-Box ( Abschlag). Dann über den Fairway (Spielbahn). Umgeht die Doglegs (abfallendes Gelände). Vermeidet das Rough (naturbelassenes Gelände) und das Semi-Rough (mittelhohes Gras). Läßt den Bunker (Grube mit Sand) links liegen. Schreitet über das Semigreen (Halbgrün) direkt zum Green (Zielbereich). Und hier muss der Ball in das hole (Loch). Und da holt er nicht, er puttet.
Tennisspieler spielen Einzel oder Doppel. Wenn sie Einzel spielen, sind sie nicht allein, wie man meinen könnte. Nein, im Einzel sind sie zu zweit. Dafür sind sie im Doppel zu viert. Nicht ganz logisch, das Ganze. Ein Ruderer rudert im Einer, zwei im Zweier, vier im Vierer. Endlich mal etwas Logisches bei den Ruderern. Aber nicht wirklich. Ein einzelner Ruderer im Einer rudert nicht, er skullt. Weil er gleichzeitig zwei Riemen durch das Wasser peitscht. Im Zweier hat jeder nur einen, im Doppelzweier, der im Gegensatz zum Tennis auch nur aus zwei Personen besteht, hat jeder wieder zwei Riemen. Über Vierer und Doppelvierer mag ich mich gar nicht auslassen. Und dann noch mit oder ohne Steuermann, die in der Summe der im Boot befindlichen Personen zahlenmäßig überhaupt keine Berücksichtigung finden, warum auch immer.
Aber Tennis und Rudern ist immer noch einfach im Vergleich zum Golf. Da gibt es Einzel, Dreier oder Vierer. Im Einzel kann er allein oder gegen einen Anderen spielen. Je nachdem, ob es ein Zählspiel oder ein Lochspiel ist. Wobei auch beim Zählspiel ins Loch getroffen werden und beim Lochspiel gezählt werden muss. Einen sehr schnell gespielten Dreier, den man auch flotten Dreier nennt, gibt es nur im Lochspiel. Warum, konnte mir kein Golfer erklären. Und wann sie ein halbes Loch spielen und wie da der Golfball reingefriemelt werden soll, wusste auch keiner.
Ruderer haben keine Fehler. Zumindest findet sich dieser Begriff nicht ein einziges Mal in den Ruder-Wettkampf-Regeln.
Tennisspielern haben häufig Fußfehler. Senk-, Knick- oder Spreizfuß. Sie sprechen nicht gerne darüber.
Golfer haben keine Fehler, sie haben ein Handicap. Und darüber reden sie gerne und ausführlich. Verbring mal einen Abend mit einem Golfer. Dein Fußfehler interessiert ihn nicht (nicht mal, wenn er Orthopäde ist), aber sein Handicap ist Gesprächsthema des Abends. Zumindest für ihn. Frag ihn dann doch einfach, ob er Rabbit (Anfänger), Bogey-Golfer (fortgeschrittener Amateur) oder gar Scratch-Golfer (um Par herum) ist. Du wirst schlagartig deine Ruhe haben. Wie in anderen Sportarten reden die richtig Guten nur selten über ihre Leistungen.
Ich gebe zu: aus mir spricht der pure Neid. Nicht, weil ich nicht golfen kann, das ist nicht weiter schlimm. Das habe ich mit vielen Golfern gemeinsam. Aber ich habe keine Zeit. Wegen dieser Artikel. Ich muss die schreiben (sagt mein Chef), obwohl die ohnehin keiner liest (sage ich).
Wann sollen die Mitglieder meines Clubs auch lesen, Mitgliederinnen eingeschlossen? Die haben ja alle keine Zeit. Sind ja beim Tennis. Oder am Rudern. Oder golfing. Manche betreiben sogar alle drei Sportarten.
Die ganz Hartgesottenen benutzen für den Weg vom Tennisplatz zur Golfanlage sogar das Ruderboot.
Die bewundere ich wirklich.
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