Statistisches

Die deutsche Sprache kennt ca. 5 Millionen Wörter. Und welches ist das am häufigsten gebrauchte Wort? Prozent“  Und von da ist es zu Gedanken über Sinn und Unsinn von Statistiken nicht weit.
Lieben Sie diese Lügenmärchen auch so wie ich? Man erfährt Dinge, die man nie wissen wollte und stellt sich Fragen, an die man vorher nie gedacht hatte.

Meine Lieblingsstatistik gleich zu Beginn: In den Monaten Januar 2013 bis Mai 2014 hatten die Züge der Bahn eine Pünktlichkeitsquote von 99,1%. Man muss nur wissen, dass jede Verspätung bis zu 15:59 min per Definition als pünktlich gilt. Wenn die Definition demnächst auf eine Stunde erhöht wird, kann die Bahn die Pünktlichkeitsquote auf über 100% steigern. Nordkorea kann von uns lernen.

Es gibt Weiteres zum Nachdenken:
Zwei Drittel aller alkoholabhängigen Personen sind verheiratet. Führt Ehe also automatisch zum Suff?
Die Hälfte aller Todesfälle ereignen sich in Krankenhäusern in Gegenwart eines Arztes. Kann man daraus irgendwelche Schlüsse ziehen?
Warum hat der Vatikan die höchste Kleinkriminalitätsrate der Welt, obwohl es dort zwei Päpste gibt?
Und stehen wir morgens langsamer auf, wenn wir wissen, dass nur 1% aller Herzinfarkte durch Sex verursacht wird, aber 10% durch zu schnelles Aufstehen aus dem Bett.
Kann man es als Therapie nutzen, wenn bereits 70 Flaschen Bier den Tagesbedarf eines erwachsenen Menschen an Vitamin B1 decken?
Wenn jährlich mehr Menschen durch Esel oder Haie getötet werden als durch Flugzeugabstürze und  ein Lottogewinn wahrscheinlicher ist als ein Haiangriff, warum gewinnen dann so viele Esel im Lotto?
Der durchschnittliche Regentropfen erreicht eine Geschwindigkeit von 35 km pro Stunde. Und warum hat dann noch nie ein Mensch namens Regentropfen den 100m-Lauf gewonnen?

Und was alles ein Durchschnittsdeutscher alles so treibt.
Er raucht vier Zigaretten am Tag, telefoniert einmal in der Woche mit seiner Mutter, findet einen Seitensprung in Ordnung, sofern er aus Rache begangen wird und glaubt nicht an Ufos. Er hätte auch gerne mehr Sex als die statistischen zwei Mal in der Woche. Alle vier Minuten wandert ein Deutscher aus. Ob wegen des Sex, sagt keine Statistik. Männer atmen durchschnittlich 16mal pro Minute und sprechen zwischen 4000 bis 12.000 Wörter am Tag, Frauen dagegen mehr als 20.000. Wie sie dabei 20- bis 22mal pro Minute, also täglich 30.000mal, auch noch atmen, bleibt rätselhaft.

55% der Männer lassen ihre Unterhose von der Partnerin kaufen, wechseln sie aber nicht täglich (die Unterhose, nicht die Partnerin) und nur 6% stören sich an dem Vorwurf der Unsauberkeit. Als Kompensation kaufen Männer meist Kondome mit zu großem Umfang. 

Laut einer wissenschaftlichen Untersuchung starren die Herren der Schöpfung jeden Tag 43 Minuten Frauen an. Frauen reichen für den Blick auf Männer 20 Minuten pro Tag. Aber gleichzeitig sind 87 % der Frauen für Gleichberechtigung. 

Tennis-Statistiken sind auch so eine Sache. Da holt ein Spieler 100% seiner Breakbälle und verliert gegen einen, der nur 50% seiner Breakbälle geholt hat. Es wird erst logisch, wenn man die Zahlen kennt: 1 von 1 und 6 von 12. 

Auch meine Tennismannschaft ist eine statistische Unmöglichkeit.
Fast 50% aller Menschen sind Chinesen oder Inder, 10 Prozent der Männer sind Linkshänder und 4 von 5 Personen singen im Auto. Und in meiner Truppe: Kein Inder oder Chinese und auf der Fahrt zum Auswärtsspiel wird auch nicht gesungen. Dafür haben wir drei Linkshänder. Das hat bisher der Mannschaft auch nicht wirklich weitergeholfen. Linkshänder leben übrigens nach der Statistik acht Jahre kürzer als Rechtshänder. 

Der Chef eines Dax-Unternehmens und sein Fahrer haben zusammen ein Jahresgehalt von 7 Millionen. Jeder verdient also im Durchschnitt 3,5 Millionen. Fragen Sie einmal den Fahrer, ob er sich freut, dass er, statistisch gesehen, Millionär ist. Zum Pech für ihn hat Statistik mit der Wirklichkeit nichts zu tun, oder?

Das wohl größte statistische Ammenmärchen ist die Arbeitslosen-Statistik. Die Zahlen selbst stimmen, aber wer per Definition als arbeitslos darin einfließt, hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Wer sich nicht zur Arbeitssuche meldet, wer nicht mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten kann oder wer krank geschrieben ist, taucht nicht auf. Wer in Fort- und Weiterbildung oder in Trainings- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ist, taucht nicht auf. Wer einen Ein-Euro-Job hat oder einen Gründungszuschuss erhält, taucht nicht auf. Alle ab 58 Jahren, die mindestens seit zwölf Monaten Arbeitslosengeld II beziehen und in dieser Zeit keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten bekommen haben, tauchen nicht auf. Und natürlich auch die nicht, die ihre Pflichten bei der Jobsuche nicht erfüllen.

Was man von so einer Statistik halten kann, muss jeder selbst entscheiden. 

Auch der Sport bleibt von diesen wunderbaren Zurechtbiegungen nicht verschont. Zu Zeiten des Kalten Krieges fand zwischen den USA und der UDSSR  ein Leichtathletik-Wettkampf statt. Über 100 Meter. Es gewann der Amerikaner. Der Russe wurde Zweiter. Und was stand in den Zeitungen? In der amerikanischen: Beim gestrigen 100 Meter-Lauf wurde der Amerikaner Erster, der Russe Letzter. In der Prawda: Beim gestrigen 100 Meter-Lauf erreicht der Russe den zweiten Platz, während der Amerikaner nur Vorletzter wurde.

Ist die halbe Wahrheit auch die Wahrheit?

Ich liebe geradezu unsere fünf Wirtschafts-Weisen, die Jahr für Jahr mit einem unheimlichen Aufwand an Geld wichtige Dinge wie Bruttosozialprodukt, Wirtschaftswachstum, Inflation, Arbeitslosigkeit und anderes voraussagen. Und was ich besonders interessant finde: es hat noch nie auch nur eine einzige Zahl gestimmt. Und die machen das seit vierzig Jahren. Ein- oder zweimal müssten die doch die richtige Zahl getroffen haben. Rein aus Zufall. Statistisch gesehen.

Es ist so ähnlich wie mit den Aktienkursen. Da hat es mal einen Test für die Entwicklung der Aktienkurse des folgenden Jahres gegeben. Ein Affe, ein Börsianer und die Herausgeber eines Aktienratgebers traten gegeneinander an. Sie können sich denken, was dabei herausgekommen ist. Richtig! Der Affe hat gewonnen.

Wenn ich Außerirdischer wäre und hätte nur diesen einen Test zur Einschätzung der Lage: was würde ich folgern? 

Dass der Affe das klügste Lebewesen auf diesem Planeten ist. Und noch ist ja das Gegenteil nicht bewiesen. Statistisch, meine ich. 

Aber eines ist sicher: Wenn Sie mal eine Telefonnummer vergessen haben und Hilfe brauchen,  fragen Sie einen Statistiker. Der weiß ihre Nummer auch nicht, aber er gibt Ihnen wenigstens eine gute Schätzung. 

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