In einer Programmvorschau las ich neulich: Sonntag, 13.45 Verfolgung der Frauen.
Ich wunderte mich schon ein wenig über die ungewöhnliche Uhrzeit für eine Dokumentation über Hexenverfolgung im Mittelalter, war aber sehr interessiert.
Der Film handelte in Skandinavien; er begann spannend mit einer Hetzjagd bewaffneter Frauen auf Skiern. Insofern hatte der Titel nicht zu viel versprochen. Aber dann flachte die Spannung rapide ab: die bewaffneten Hexen (für solche hielt ich sie zunächst) flohen nicht voreinander, wie ich vermutete, sondern eilten schnurstracks auf einen Schießstand, schossen dort auf Scheiben (und nicht auf Männer, wie ich mit Sorge erwartete) und verschwanden wieder im Wald. Das Ganze wiederholte sich mehrmals.
Und dann klärte mich der Reporter auf: dies sei eine Sportübertragung vom Biathlon, einer mir bis dato völlig unbekannten Sportart.
Biathlon kommt aus dem griechischen und bedeutet Zweikampf.
Ich war etwas verwirrt, weil ich mir unter Zweikampf etwas anderes vorgestellt hatte: Ali gegen Foreman in Kinshasa; ein Degenduell auf der Planche nach Art der Musketiere; meinetwegen auch Kasparow gegen Karpov an einem Tisch mit Figuren auf einem Brett oder sogar Alice gegen Verona auf der Couch in einer Talk Show.
Aber dieser Dreiklang aus Hinrennen – Schießen – Wegrennen: warum Biathlon? War Triathlon schon patentiert? Und Duathlon nicht griffig genug?
Auch im Tennis hört man manchmal etwas, was man nicht einordnen kann. Ein Reporter berichtete neulich sehr sibyllinisch: „ Matchball von Kerber abgewehrt“ Hat Kerber nun den Matchball abgewehrt oder hatte sie selbigen und die Gegnerin hat ihn abgewehrt? Ich habe es nie erfahren.
Doppel-Bedeutungen haben wir in unserer Sprache zuhauf.
Sollte sich Ihre Frau zum Geburtstag einen Anhänger wünschen: Kaufen Sie ja nichts, was Sie hinter Ihr Auto hängen können.
Und
ist ausgefallener Sex das, was ein amerikanischer Millionär in Fifty
Shades of Grey praktiziert? Oder ist es das, was viele in meinem
Bekanntenkreis darunter verstehen: ausgefallen am Montag, ausgefallen
am Dienstag usw.
„Im letzten Urlaub hatte ich fast jeden
Tag Sex“ ist auch nicht wirklich eindeutig: fast am ersten
Urlaubstag, fast am zweiten Urlaubstag ?
Wenn ein Baby sein erstes Bäuerchen macht, machen alles ein großes Getue deswegen und erzählen das in der gesamten Verwandtschaft und Bekanntschaft. Wenn ein Landwirt-Ehepaar sich entschließt, ein Bäuerchen zu machen, geschieht das meistens im stillen Kämmerlein.
Wie verwirrend muss unsere Sprache für die sein, die des Deutschen nicht so mächtig sind – und damit meine ich nicht nur ausländische Mitbürger.
Eine Bananenrepublik ist laut Duden ein kleines Land in den tropischen Gebieten Amerikas, das besonders vom Export von Bananen lebt. Daraus folgert: Wir sind nicht gemeint. Wir sind, so lese ich allenthalben, ein Hochtechnologiestandort. Beim Entwickeln von bestimmter Software für Autos scheinen wir tatsächlich Spitze zu sein, im Bau von Flughäfen haben wir einige Defizite, im Verlegen von Bahnhöfen unter die Erde machen wir einen eher zweitklassigen Eindruck und mit der Instandsetzung von Segelschiffen kommen wir gar nicht zurecht.
Aber uns als Bananenrepublik zu bezeichnen, finde ich in hohem Maße diskriminierend – damit tun wir den Ländern in den tropischen Gebieten Amerikas wirklich unrecht.
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