Das neue Konzept der DTB-Finanzierung – ein Kommentar

von Winfried Weidlich

In meiner Stadt zahle ich mit meinen Abgaben auch für Freibäder, Büchereien, Museen und einiges mehr. Manches nutze ich nicht, trage aber zu den Kosten bei, anderes nutze ich und zahle dafür eine zusätzliche Gebühr.

Dieses System wird bislang auch beim DTB praktiziert. Jeder Verein führt für jedes Vereinsmitglied über seinen Landesverband einen Mitgliedsbeitrag an den DTB ab, seit 2012 für jeden Erwachsenen 1,60 €, für jeden Jugendlichen 0,85 €. Im Jahr 2022 flossen dem DTB insgesamt aus diesen Mitgliedsbeiträgen der Vereine 2.026.067 Mio.€ zu. Von diesen Beiträgen, die alle Mitglieder des DTB bezahlt haben, wurde ein Teil oder gar Großteil der Ausgaben des DTB bestritten.
Ich (und mit mir mehr als 99% der Vereinsmitglieder) habe für die Davis Cup-Mannschaft bezahlt und für die Leistungszentren, obwohl ich für den Einsatz im Davis Cup zu schlecht und für ein Leistungszentrum zu alt war. Bei der Teilnahme an Turnieren habe ich zumindest einen Teil der Kosten durch entsprechend festgesetzte Entgelte bezahlt und durch zusätzliche kostenpflichtige Angebote des DTB wie das Premium-Abo bei mybigpoint sind dem Verband weitere Mittel zugeflossen.

Das System der Finanzierung, ein einheitlicher Mitgliedsbeitrag für alle, sinnvoll gestaffelt nach Jugendlichen oder Erwachsenen, und Kostenbeteiligungen bei Teilnahme an Turnieren oder Premium-Angeboten ist mit relativ wenig Aufwand verbunden und seit Jahren eingespielt.

Dass der DTB für die Erfüllung seiner Aufgaben mehr Geld braucht, ist unbestritten. Es ist möglich, auf der Basis des bisher praktizierten und bewährten Systems mit veränderten Mitgliedsbeiträgen weiterzumachen oder mit einem grundsätzlich anderen System Neuland zu betreten und so vielleicht ein besseres System der Finanzierung des DTB einzurichten.

Die Weiterführung des bisherigen Systems

Bei der Berechnung der Einnahmen 2022 haben wir nur die veröffentlichen Einnahmequellen angeführt. Einnahmen durch Werbung, Kooperationen o.ä. sind nicht veröffentlicht, folglich auch nicht von uns berechenbar.

Bei den drei folgenden Modellen haben wir nur die Mitgliederbeiträge verändert, die anderen Einnahmen haben wir in der Höhe von 2022 übernommen. Die Mitgliederzahlen und Altersschichtungen entsprechen in allen Berechnungen den vom DTB veröffentlichen Zahlen von 2022.

Einnahmen nach unseren Modellrechnungen

Zur Erläuterung
Bei der Fortführung des bisherigen Systems ändert sich bei den Abläufen nichts. Der Verein zahlt zu einem bestimmten Stichtag den festgesetzten Beitrag für alle Vereinsmitglieder an den Landesverband, der diese Beiträge an den DTB weiterleitet. Damit sind alle Vereinsmitglieder wie bisher spielberechtigt und müssen sich selbst um Zahlungen für eine Spiel- oder Wettkampfberechtigung nicht kümmern. Es bleibt im Grunde alles beim Alten.

Zur Beispielrechnung Mitgliedsbeitrag 5,00 / 2,50 €
Bei diesem Beispiel handelt es sich um eine Erhöhung des abzuführenden Beitrages bei Erwachsenen von 1,60 auf 5,00 €, bei Jugendlichen um eine Erhöhung von 0,85 auf 2,50 €. Die Mitgliederbeiträge in den Vereinen schwanken sehr stark. Wieviel Prozent die 5,00 € bzw, 2,50 € vom Mitgliedsbeitrag im Verein ausmachen, kann nur jeder für sich selbst berechnen.

Gedanken über die neue DTB-Wettkampfberechtigung im Rahmen des Tennis.de PLUS Konzeptes

Quellen: TennisDE Plus Kompakt Stand 17.02.2023 und Prasentation Tennis.de PLUS 2023 03 06

Allgemeines

Die neue DTB-Wettkampfberechtigung im Rahmen des tennis.de PLUS Konzeptes ist ein komplexes, sehr kompliziertes, vielstufiges System zur Verbesserung der Einnahmen des DTB. Mit der neuen DTB- Wettkampfberechtigung stellt der DTB ein grundsätzlich anderes als das bisher praktizierte System vor.

Das System eines einheitlichen Mitgliedsbeitrages für alle, sinnvoll gestaffelt nach Jugendlichen oder Erwachsenen, und Kostenbeteiligungen bei Teilnahme an Turnieren oder Premium-Angeboten wird abgelöst von einem System, das von einem kleinen Teil der Mitglieder zu einem sehr hohen Prozentsatz finanziert wird und alle Mitglieder mit einem sehr geringen Beitrag den Rest beitragen. Ich habe nirgendwo in diesem Konzept gelesen, dass die bisherigen Mitgliedsbeiträge der Vereine an den DTB in Höhe von 1,60€ / 0,85 € wegfallen. Daher gehe ich davon aus, dass diese Mitgliedsbeiträge auch Bestandteil des neuen Konzeptes sind.

Wettkampfberechtigung für KInder ab 11 Jahren

Die jungen Mitglieder (bis 18 Jahre) machen einen Anteil von gut 26 Prozent an der Gesamtmitgliedschaft des DTB aus. Und genau diese Gruppe (ab 11 Jahren) wird von der Neuregelung besonders hart getroffen. Tennisvereine haben jetzt schon Mühe, Jugendliche für unseren Sport und Mannschaftsspiele zu begeistern. In jedem Fall bedeuten die 20 € jährlich eine satte Erhöhung für die Möglichkeit, in einer Mannschaft zu spielen. Die Gefahr ist groß, dass Jugendliche bzw. deren Eltern diese zusätzlichen finanziellen Lasten nicht tragen können. Für Vereine, die Jugendlichen nicht nur Training, sondern auch Mannschaftsspiele anbieten wollen, bleibt im Grunde vermutlich nur der Weg, diese Zusatzkosen aus Mitgliedsbeiträgen selbst zu bezahlen, um nicht zu viele Jugendliche zu verlieren.

Ungleiche Belastung im Verein kann Probleme verursachen

Die ungleiche finanzielle Belastung von Erwachsenen oder Jugendlichen, die nur ein oder wenige Spiele in einer Mannschaft bestreiten, von Spielern in vielleicht höherklassigen Mannschaften, die gleichzeitig an vielen Turnieren teilnehmen oder Ehrenamtlichen, die unabhängig von der Zahl ihrere Mannschaftsspiele oder Turniere keinen Cent bezahlen müssen, kann sehr viel Unruhe in einen Verein bringen. Eine finanzielle Bevorzugung oder Benachteiligung kann sehr schnell zu Problemen führen. Ob vielen Ehrenamtliche eine bevorzugte Behandlung überhaupt wünschen, wage ich zu bezweifeln.

Alle Mitglieder eines Vereins von U11 bis Ü90, die an mindestens einem Mannschaftswettkampf oder an mindestens einem Turnier teilnehmen, haben die sogenannte Wettkampfberechtigung von 20 € zu zahlen. Von den ca. 1,4 Mio. Mitgliedern des DTB (ohne 2-6 jährige) sind nach Auskunft des DTB 400.000 Mannschaftsspieler.

Daraus ergeben sich folgende Einnahmen:


28,6% der Mitglieder zahlen denmach von den auf diese Weise eingenommenen 10 Mio. € 80% und alle Mitglieder zusammen 20%. Dass die 400.000 Mitglieder, die 20 € pro Person zahlen, auch noch die Beiträge von 1,60 € / 0,85 € zahlen, habe ich bei den prozentualen Anteilen nicht berechnet.

Für Mannschafts-/Turnierspieler ist die Wettkampfberechtigung nur einmal zu zahlen. Wer also Mannschaft und Turniere spielt, zahlt die 20 € nur einmal, egal wie viele DTB- oder LK-Turniere er im Kalenderjahr spielt. Im Vergleich zu bisher werden, da die Turnierteilnehmerentgelte wegfallen, Vielspieler deutlich entlastet und Wenigspieler mehr belastet.

Die größte Ersparnis haben erwachsene Vielspieler von RL-Turnieren (z.B. bei 10 Turnieren im Kalenderjahr früher 80 € Turnierentgelt, jetzt 20 € Wettkampfberechtigung; die geringsten Einsparungen haben jugendliche LK-Spieler (z.B. bei 10 LK-Turnieren früher 30 € Turnierentgelt, jetzt 20 € Wettkampfberechtigung).
Spieler, die nur Mannschaftsspiele bestreiten, werden im Vergleich zu bisher, wo Mannschaftsspiele nicht mit einer Gebühr belegt waren, mit 20 € belastet und erfahren keinerlei Entlastung.

Personen, die ein Ehrenamt innehaben, zahlen die Wettkampfberechtigung nicht. In der vom DTB durchgeführten Präsentation im Kapitel “Vorteile für Ehrenamtliche” erhält jeder Verein pro 40 Mitgliedern eine kostenlose Plus Mitgliedschaft.

Wir haben dann möglicherweise in einem Verein
– Mannschaftsspieler mit wenig Einsätzen – 20 € Belastung
– Mannschaftsspieler mit viel Einsätzen und vielen Turnierteilnahmen – 20 € Belastung
– lizensierte Trainer mit Trainer- Jahresgebühr und wenig oder viel Einsätzen und wenig oder viel Turnierteilnahmen – 20 € Belastung
– Ehrenamtliche mit wenig oder viel Einsätzen und wenig oder viel Turnierteilnahmen – ohne Belastung
– Mitglieder ohne Mannschaftseinsätze oder Turniere – ohne Belastung

Nur zum Vergleich:
Bisher zahlte der Verein für alle Jugendlichen denselben Betrag (je 0,85 €) und für alle Erwachsenen denselben Betrag (je 1,60 €) an den DTB. Damit waren alle Kosten rund um Mannschaftsspiele einschl. Meldungen, LK- und RL-Berechnungen u.ä. abgegolten. Für Turnierteilnahmen oder Premium-Mitgliedschaften zahlte jeder selber.

Wertschöpfungspotentiale – Tennis.de PLUS nach Berechnung des DTB

  • für 2024
    Einnahmen Wettkampfberechtigung 7.407.476,64 €
    Wegfall von Einnahmen – 2.850.852,59 €
    Zu verrechnende Einnahmen 4.556.624,05 €
    Abgabe an die Landesverbände – 2.278.312.02 €
    Mehreinnnahmen DTB 2.278.312.02 €
  • Perspektivisch
    Einnahmen 7.407.476,64 €
    Einnahmen durch Interessierte 3.443.375.95 €
    Wegfall von Einnahmen – 2.850.852,59 €
    Zu verrechnende Einnahmen 8.000.000. €
    Abgabe an die Landesverbände – 4.000.000 €
    Mehreinnnahmen DTB 4.000.000 €


Anmerkungen:
In den Berechnungen des DTB werden 30.000 Ehrenämtler zu Grunde gelegt. An anderer Stelle der Präsentation spricht der DTB von 50.000 Ehrenämtlern. In der vom DTB durchgeführten Präsentation im Kapitel “Vorteile für Ehrenamtliche” erhält jeder Verein pro 40 Mitgliedern eine kostenlose Plus Mitgliedschaft. Ehrenamtliche sind aber nicht nur in Vereinen, sondern bei 17 Landesverbänden und einer mir nicht bekannten Zahl von Bezirken innerhalb der Landesverbände tätig. Bei DTB-weiten großen Turnieren wie Deutschen Meisterschaften u.ä., die von Vereinen ausgerichtet werden und die auf ehrenamtlich tätige Personen angewiesen sind, kann sich die Zahl deutlich erhöhen.
In der perspektivischen Einnahmeberechnung führt der DTB mehr als 184.000 an einer Mitgliedschaft bei Tennis.de PLUS Interessierte auf. Die Erfahrungen von mybigpoint (15.000 Premium-Abonnenten bei 1,5 Mio. DTB-Mitgliedern) zeigen, dass das Interesse vermutlich weitaus geringer ausfallen dürfte.

Komplizierte Zahlungsmodalitäten

Die Zahlungsmodalitäten erscheinen mir vor allem im Vergleich mit den bisher praktizierten Zahlungsmodalitäten doch recht kompliziert. Ich erlaube mir keine Zweifel, dass die Abwicklungen und mögliche Rückabwicklungen auch bei der Fülle der zu erwartenden Zahlungsvorgänge probelmlos ablaufen werden.
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es Spieler wie mich gibt, die Probleme haben, die Zusammenhänge zu verstehen.

  • Turnierspieler
    im Jahr 2024 zahlen Turnierspieler die DTB Wettkampfberechtigung spätestens im Rahmen der erstmaligen Meldung zu einem Turnier.
  • Mannschaftsspieler
    die nicht am Turnierbetrieb teilnehmen, können ihre Wettkampfberechtigung auch im Nachgang zu etwaigen Einsätzen bis 31.12. des Jahres bezahlen. Mit seiner Eintragung in den Spielbericht entsteht die Pflicht zur nachträglichen Bezahlung bis zum 31.12. 2024
  • Verein
    Der Verein hat ganzjährig die Möglichkeit, die Zahlungsverpflichtung für den Spieler zu übernehmen.
  • Folgen der Nicht-Bezahlung der Wettkampfberechtigung für den Spieler/Verein nach dem 31.12. des Jahres:
    Teilnahme am Mannschafts-Wettspielbetrieb der laufenden Winterrunde weiterhin möglich
    Teilnahme an Turnier-Wettbewerben ab dem 01.01. nicht mehr möglich
    Aufnahme in die Namentliche Mannschaftsmeldung für die Sommersaison des Folgejahres (2025) nicht möglich.
  • Verständnisproblem Personaliserung
    Aussage in der DTB-Präsentation:
    “Der Verein hat ganzjährig die Möglichkeit, die Zahlungsverpflichtung für den Spieler zu übernehmen. Die Wettkampfberechtigung (tennis.de PLUS) wird durch den Spieler selbst aktiviert und bezahlt. Ohne Bezahlung durch den Spieler (Personalisierung) ist kein Zugriff auf das Gesamtleistungspaket (Gutschein. usw.) möglich”

    Problem:
    Der Verein hat für einen Spieler die Wettkampfberechtigung bezahlt. Der Spieler muss sich trotzdem noch persönlich auf tennis.de PLUS registrieren, um die Wettkampfberechtigung zu bestätigen, auch wenn er die sogenannten zusätzlichen Leistungen nicht in Anspruch nehmen will.
  • Verständnisproblem ITF-Turniere
    Aussage tennis.de PLUS – Kompakte Erläuterung
    “Für LK- und ranglistenrelevante Wettbewerbe (ab U11 und älter) im DTB und den Landesverbänden tritt die ordnungstechnische Zahlungspflicht für die DTB Wettkampfberechtigung ab dem 01.01.2024 mit dem erstmaligen aktiven Einsatz bei einem Wettbewerb (Turnier oder Mannschaftsspiel) ein”

    Problem:
    Bleibt die DTB-Abgabe bei ITF-Turnieren in Deutschland bestehen oder wird diese Abgabe wie die anderen Turnierentgelte wegfallen?
    Werden die Ergebnisse für die Deutschen Ranglisten weiterhin berechnet
    a) bei ITF-Turnieren in Deutschland mit Wettkampfberechtigung
    b) bei ITF-Turnieren in Deutschland ohne Wettkampfberechtigung
    c) bei ITF-Turnieren im Ausland mit Wettkampfberechtigung
    d)bei ITF-Turnieren im Ausland ohne Wettkampfberechtigung
  • Verständnisproblem Mannschaftsspieler
    Wer 2025 in einer Mannschaft gemeldet werden will, muss bis zum Meldezeitpunkt die Wettkampfberechtigung bezahlt haben.
    Sollte dieser Spieler im gesamten Jahr 2025 nicht einmal in einem Spielbericht eines Punktspieles eingetragen sein, hat er nicht gespielt. Erhält dieser Spieler die gezahlten 20 € zurück?

Schlussbemerkungen

Der DTB schlägt mit diesem Konzept einen völlig neuen Weg mit einem anderen Ansatz als bisher ein und hat sicher viel Arbeit, Zeit und vermutlich auch Geld in dieses Projekt gesteckt. Innovative und kreative Ideen sind generell immer zu begrüßen. Damit, muss ich gestehen, ist der positive Teil meiner Schlussbemerkungen gesagt.

Zu Anfang der DTB-Präsentation wird die Frage gestellt: “Warum soll dieses Projekt nun eingeführt werden und welche Potentiale werden damit aufgedeckt?” Genau diese Frage habe ich mir auch gestellt.

Ich darf einen weiteren Satz aus der Präsentation zitieren:
“Entweder wir beschränken uns erneut und führen eine reine Spiellizenz für nur 400.000 Wettkampf- Spieler:innen ein, oder aber wir nutzen die Plattform als Fundament und bauen darauf ein Haus für mehr als 1,5 Millionen.

Und tatsächlich: für exakt 400.000 Spielerinnen und Spieler ab 11 Jahren wird eine kostenpflichtige Spiellizenz eingeführt, Wettkampfberechtigung genannt.
Und ja: alle, die diese Gebühr bezahlt haben und viele, die diese Gebühr nicht zu zahlen brauchen, können auf weitere Angebote zugreifen, deren Sinn und Nutzen durchaus unterschiedlich je nach Betrachtungsweise bewertet werden können.

Was mir besonders zu schaffen macht:
Jugendliche und Mannschaftsspieler sind überproportional belastet. Wenn 28% aller Mitglieder für 80% der Basiseinnahmen sorgen müssen, dann kann ich nicht zustimmen; bei allem Respekt vor der Arbeit, die bei der Erarbeitung und Erstellung dieses Kozeptes geleistet wurde.

Es gibt sicher Funktionäre, Spieler und Tennisinteressierte, die wie ich diesem Projekt eher ablehnend gegenüberstehen und es gibt genauso sicher Funktionäre, Spieler und Tennisinteressierte, die dieses Projekt befürworten.

Das letzte Wort hat die DTB-Mitglierdersammlung.