Dies ist vermutlich eine völlig andere Geschichte als Sie erwarten.
Neben einer Hauptverkehrs-Strecke der Bahn habe ich schon
gespielt. Einen Güterzug mit 36 Waggons kann man gemeinsam
aussitzen.
Aber sind Sie schon einmal gegen einen Bagger
angetreten? Konkreter: Sie auf dem Tennisplatz und der Bagger direkt
daneben.
Von Beginn an.
Ein schönes Turnier auf
einer schönen Anlage. Uns wurde der äußerste Platz zugewiesen.
Direkt neben einer Großbaustelle. Selbstverständlich mit einem
riesigen Bagger, und natürlich machte dieser Bagger, was Bagger im
allgemeinen zu tun pflegen: er baggerte. Wie wir Männer aus unserer
Jugendzeit wissen: baggern ist anstrengend.
Folglich
heulte der Motor des Baggers mal lauter, mal leiser. Nach kurzer Zeit
hätte ich es auch können. Heulen, meine ich. Macht man als Mann
aber nicht. Man knirscht mit den Zähnen. Konnte ich aber selbst
nicht hören. Die Raupen des Baggers knirschten deutlich lauter. Und
wenn er den Schotter in die Mulde kippte, war sein Quietschen und
Kreischen lauter als es Sharapova je könnte. Und die wäre mir
deutlich lieber gewesen. Der Bagger schaufelte und schaufelte – ich
schaufelte mit. Im Rhythmus des Baggers. War aber nicht mein
Rhythmus. Also schaufelte ich Fehler über Fehler.
Und dann
hörte dieses Ungetüm ohne Vorwarnung auf. Nach 30 Minuten Lärm aus
heiterem Himmel plötzlich Totenstille.
Hat mich total verwirrt
und zwei Punkte gekostet. Wir spielten tatsächlich zwei lange
Minuten Tennis ohne Störgeräusche. War völlig ungewohnt.
Aber
dann holte ein Lastwagen die voll gebaggerte Mulde ab. Zum
Motorheulen des Baggers gesellten sich noch Kettengeklirr des
Lastwagens und lautstarke Anweisungen des Poliers. Der
Lastwagenfahrer hörte ihn wegen des Lärms nicht. Wir schon. Jedes
Wort. Weil wir direkt neben ihm standen. Ja, wir bewegten uns
inzwischen nicht mehr, denn an Spielen war nicht zu denken.
Das
machten wir erst, als der Lastwagen wegfuhr und der Bagger wieder
anfing. Leider mussten wir kurz drauf schon wieder unterbrechen. Der
Bagger hat beim Graben einen Tennisball gefunden und der freundliche
Baggerführer warf ihn zu uns. Natürlich mitten im Ballwechsel. Also
spielten wir diesen Ballwechsel eben mit zwei Bällen zu Ende. So
eine Kleinigkeit warf uns schon nicht mehr aus der Bahn. Aber
irgendwann hatten Lastwagen, Bagger und Mulde Frühstückspause.
Aber Ruhe kehrte trotzdem nicht ein.
Spätestens seit
diesem Zeitpunkt finde ich: Handys sind Teufelswerk. Zumindest, wenn
man Tennis spielt und direkt neben dem Platz gibt ein Schwerhöriger
seiner Frau Anweisungen, was sie zu Abend kochen soll. Natürlich
hörten mein Gegner und ich andächtig zu. Ich hätte nachher meiner
Frau haarklein das Menü inklusive aller Getränke erklären können.
Ging aber nicht. Da wurde schon wieder gebaggert.
Zur
Mittagszeit hörte der Bagger endlich auf, der Lastwagen war weg und
niemand telefonierte. Himmlische Ruhe. Dachten wir. War aber nicht
so.
Denn in der Zwischenzeit hatte der Platzwart
festgestellt, dass auf unserem Platz der Sonnenschirm nicht
aufgestellt war. Und hilfsbereit, wie er war, wollte er uns etwas
Gutes tun. Ein freundliches Nicken während unseres Ballwechsels, das
Aufschließen der Hütte mit der quietschenden Tür auf der
baggerlosen Seite unseres Platzes, und dann kam er mit dem
Sonnenschirm. Das Befestigen desselben dauerte kaum zwei bis drei
Minuten.
Zu diesem Zeitpunkt stand es 30 beide und mein
Gegner wartete mit seinem Aufschlag höflicherweise, bis der
Platzwart fertig war. Das zog sich noch ein wenig hin, denn der
Linienbesen, der dem Sonnenschirm weichen musste, wollte partout
nicht stehen bleiben. Er fiel um. Wurde wieder hingestellt. Fiel
wieder um. Und nochmal hingestellt. Blieb wieder nicht stehen. Mit
dem Stiel durch den Zaun gesteckt. Blieb jetzt stehen, störte aber
im Auslauf. Also wieder hingestellt. Ich dachte, ich bin im Film mit
Charlie Chaplin. Selbst die Zuschauer hielten den Atem an. Nach
gelungener Operation brandete Beifall auf. Das konnte nur dem
Platzwart gelten, denn wir Spieler hatten inzwischen jegliche
Tätigkeit eingestellt.
So plätscherte das Spiel vor
sich hin. Mal mit Bagger, mal mit Lastwagen, mal mit beiden und
zusätzlich Telefon. Und Gott sei Dank war es irgendwann zu Ende. Das
Ergebnis? Sehr einfach: Der Bagger hat gewonnen. Haushoch.
Und
nur ganz am Rande und nebenbei: Die ganze Zeit war der nicht belärmte
Platz neben uns nicht belegt. Er war völlig frei. Die ganzen
anderthalb Stunden. Und wir sind nicht drauf gegangen. Weil die
Turnierleitung es anders bestimmt hat. Und Ordnung muss sein. Und vor
allem eingehalten werden. Da ist so eine Turnierleitung sehr
sensibel.
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